Schade, da fehlt etwas

Mit LIveComposite aufgenommenes Lightpaining

Mit und ohne Lightpaining

Gestern Abend war ich zur Vorbereitung eines Fotoworkshops mal wieder in Sachen „Industrie“ & Nacht“ unterwegs. Leider war es recht diesig, so dass weder zur blauen Stunde noch zur Nacht der Himmel fotogen war.
Aber kein Problem, unter anderem wollte ich ja auch noch einmal mit einer besonderen Aufnahmetechnik experimentieren. Per Lightpainting wollte ich einzelne Details der Industrieanlage mit einer Taschenlampe(*) und Farbfiltern(*) „ausmalen“.

Das Problem dabei ist, das die Taschenlampe je nach Situation im Verhältnis zum Umgebungslicht relativ schwach ist — erst recht wenn das Licht noch durch die Folie gefiltert wird. Wenn dann die Belichtung für die Taschenlampe ausreicht, ist der vom Umgebungslicht beleuchtete Bildteil wohlmöglich bereits ausgefressen. Falls man das Umgebungslicht steuern kann, ist das kein Problem, aber in solchen alten Industrieanlagen hat man in der Regel keinen Einfluss darauf.

Image Composite

Meine Olympus E-M1(*) hat für solche Situationen aber eine ziemlich clevere Lösung an Bord. Vor einiger Zeit gab es ein (kostenloses) Firmware-Update für dieses Modell, das die Funktion Live Composite ergänzte. (Hier mein Hinweis und der Link zum Erklärvideo dazu.)
Damit ist es möglich, die gleiche Belichtung immer und immer wieder aufzunehmen. Die Kamera aktualisiert dabei jedoch nur die Bereiche, die heller werden.

Ich habe dann zuerst die Belichtung auf die Gesamthelligkeit des Motivs abgestimmt und wählte Blende 2.8, 3,2 Sekunden und ISO400. Damit war der Hintergrund korrekt belichtet.
Der hohe ISO-Wert und die weit geöffnete Blende waren nötig, damit das Malen mit der Taschenlampe nicht ganz so lange dauerte. (Es waren ja auch noch andere vor Ort und ich musste immer damit rechnen, dass mir der wildgewordene automatisch zugeschaltete Blitz irgendeiner Handycam in die Malerei geriet.)

Weil ich im LIveComposite-Modus fotografieren wollte, musste ich dazu zuerst im M-Modus die Belichtungszeit verlängern. Nachdem man dann über 40, 50, 60 Sekunden hinaus geht, kommt zuerst LIVEBULB, dann LIVE TIME und zum Schluß das gewünschte LIVECOMP.
Blende und ISO-Wert kann man dann immer noch von Hand einstellen, aber nicht mehr die Belichtungszeit, denn mit einem Dreh des Zeitenrades würde man ja Live-Composite wieder verlassen. Also dreht man nicht am Rad, sondern muss zur Steuerung der Belichtungszeit den „Menu“ Knopf drücken. Ist nicht sehr intuitiv, aber irgendein Knopf muss es ja sein. ;-)

Auf diese Art habe ich die 3,2 Sekunden vorgewählt und anschließend den Auslöser gedrückt. Die Kamera macht jetzt zuerst ein Grundbild, vermutlich handelt es sich um ein „Schwarzbild“, mit dem das Rauschen ermittelt wird. (So kann man dieses individuelle Rauschen des Sensors später vom Ergebnis zu subtrahieren – Stichwort „Dark-Frame-Subtratcion“.)
Danach muss noch einmal der Auslöser gedrückt werden und jetzt entsteht das eigentliche Foto. Nach den ersten 3,2 Belichtungssekunden wird das Bild im Display zu ersten Mal aktualisiert, man kann dann das erste Zwischenergebnis sehen und die Belichtung startet automatisch neu.
Falls sich anschliessend nichts im Motiv ändert, ändert sich auch nichts im entstehenden Bild. Wenn aber im Motiv Bereiche heller werden, zum Beispiel weil ich sie mit der orange-gefilterten Taschenlampe beleuchte,  werden diese helleren Bereich auch im Bild heller und dies Aufhellung wird auch alle 3,2 Sekunden im Displaybild aktualisiert angezeigt.
Prima, damit kann man das Lightpainting hervorragend kontrollieren. (insgesamt kamen hier wohl 30 3,2-Sekunden Belichtungen zum Einsatz, ich muss das schätzen, denn in den EXIF-Daten wird es leider nicht vermerkt. (Optimierungsbedarf!)

Und jetzt: ärgern!

Aber leider fehlt eine wichtige Sache, daher auch der Titel dieses Beitrags. ;-)
Die Kamera kann eine Funkverbindung mit meinem Smartphone aufnehmen, und mit der Olympusapp habe ich dann die Möglichkeit, aus der Ferne viele verschiedene Einstellungen an der Kamera vorzunehmen, die Kamera auszulösen und die Belichtungsergebnisse direkt auf dem Display des Smartphones zu kontrollieren.
Großartig, das würde mir ja hervorragend beim schrittweisen Ausleuchten des Motivs helfen! Ich könnte die Veränderungen direkt bei Malen aus der Entfernung kontrollieren. Toll!
Geht aber nicht!
Zwar lässt sich mit der Olympusapp des iPhones so ziemlich alles an der Kamera steuern, selbst LIVE TIME und LIVEBULB. Aber eben nicht LIVECOMP!

Das ist echt blöd! 

Aber da Olympus schon einige Updates für diese Kamera und die App gebracht hat, hoffe ich, dass das Problem schnell gelöst wird.
Bis dahin darf ich mich halt jedesmal ärgern, wenn ich diese im Prinzip tolle Funktion einschalte. (Gibt es eigentlich kleine Voodoopuppen von den Entwicklungsingenieuren? Dann könnte man mit Stecknadeln die Bereitschaft, das schnell zu ändern, erhöhen. ;-))

Alternativen:

Die Funktion LiveComposite gibt es für verschiedene Olympus-Modelle, unter anderem die Olympus OM-D E-M10II(*),  die E-M5 Mark II(*) und natürlich die von mir verwendete E-M1(*).

Aber auch einige Kameras von Sony können so belichten. Zum Beispiel ist für die Sony Alpha 7s(*) eine Funktion als “PlayMemories Camera App” unter dem Namen “Lichtspuren” hier verfügbar. Aber dafür muss dann bezahlt(!) werden.
Es kostet zwar nicht die Welt, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es gut finde, wenn für solche nachträglichen Funktionsfreischaltungen etwas bezahlt werden muss. Mir kommt das so vor, als würde hier eine ganze Dose voller Würmer geöffnet, die wir Fotografen später nach und nach schlucken müssen. (Siehe auch meinen Beitrag dazu hier.)

Für die allermeisten Kameras gibt es solchen Funktionen leider gar nicht erst. Aber trotzdem kann man auch mit diesen Kameras Lightpainting bei stärkerem Umgebungslicht machen. Dazu stellt man die entsprechenden Belichtungswerte manuell ein, schaltet in den Modus für Dauerfeuer und verriegelt den Fernauslöser.
So schiesst die Kamera dann Bild um Bild, während man mit der Lampe immer andere Bereiche des Motivs ausmalt. Die Einzelbilder legt man anschliessend in der Bildbearbeitung als Ebenen übereinander und wählt als Überblendmodus „aufhellen“ oder etwas ähnliches (das geht auch mit dem kostenlosen Programm Gimp).

Viel Spaß beim Experimentieren!

Olympus OM-D E-M10II Einstellräder
Noch mehr Berichte und Tipps und Tricks zu Olympuskameras in meinem Blog

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One thought on “Schade, da fehlt etwas

  1. Pingback: Live Composite? Was ist das?

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